In der Schweiz wurden im vergangenen Jahr insgesamt rund 575 000 Tiere für Versuche eingesetzt. Das entspricht gemäss der heute publizierten Tierversuchsstatistik des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV einer Zunahme um rund drei Prozent gegenüber 2020.
2021 stieg die Anzahl Tiere in Tierversuchen, nachdem sie in den vorangehenden fünf Jahren stetig abgenommen hatte. Der im letzten Jahr erreichte Wert war letztmals 2019 ähnlich hoch. Gegenüber dem Vorjahr entfielen 2021 rund 21 000 Tiere weniger auf den Schweregrad 0 (-9 %), rund 20 000 mehr auf den Schweregrad 1 (+13 %), rund 14 000 mehr auf den Schweregrad 2 (+10 %) und rund 6 000 mehr auf den Schweregrad 3 (+31 %).
2018 wurde das 3R Kompetenzzentrum Schweiz mit dem Ziel gegründet, die 3R-Prinzipien (Replacement, Reduction and Refinement of Animal Experimentation) zu fördern, um Tierversuche möglichst zu ersetzen, zu reduzieren und schonender durchzuführen. Weiter hat der Bundesrat 2021 das Nationale Forschungsprogramm «Advancing 3R – Tiere, Forschung und Gesellschaft» (NFP 79) lanciert. Auch dieses Programm will das 3R-Prinzip fördern mit dem Ziel, die Zahl der Tierversuche in der Forschung zu reduzieren sowie ethische und soziale Fragen zu thematisieren. Erfahrungsgemäss kann es einige Jahre dauern, bis solche Massnahmen greifen.
Von allen Tierversuchen im Schweregrad 3 standen rund 93 Prozent im Zusammenhang mit der Erforschung von Krankheiten beim Menschen. Davon wurde etwa bei der Hälfte über Krebs und neurologische Krankheiten wie Demenz oder Multiple Sklerose geforscht. Der deutliche Anstieg von Versuchen im Schweregrad 3 ist seit 2014 zu beobachten. Ab 2018 ist der Anstieg zum Teil darauf zurückzuführen, dass das BLV die Richtlinien angepasst hat und somit einzelne Versuche einem höheren Schweregrad zugeordnet werden.
2021 wurden insgesamt fast 90 Versuche mehr durchgeführt als 2020, was sich auch in einem Anstieg der Versuchstiere in den Schweregraden 1, 2 und 3 widerspiegelt. Gesamthaft wurde im letzten Jahr etwa gleichviel geforscht wie durchschnittlich in den letzten zehn Jahren. Dies zeugt von einer konstant hohen Forschungsaktivität im Tierversuchsbereich. Das BLV vermutet, dass einige Tierversuche im ersten Pandemiejahr 2020 aufgeschoben wurden und erst im Jahr 2021 durchgeführt wurden. So wurden im Jahr 2020 deutlich weniger Mäuse eingesetzt und im Jahr 2021 erfolgte wiederum ein Anstieg um rund 20 000 Mäuse.
Weitere Informationen auf der Webseite des BLV
Links: 3R Kompetenzzentrum Schweiz, NFP 79
Die Tierversuche sind im Tierschutzgesetz (TSchG) geregelt. Für sämtliche Eingriffe und Handlungen an Tieren zu Versuchszwecken müssen die Forschenden bei der zuständigen kantonalen Behörde ein Gesuch einreichen. Darin müssen sie die im Versuch vorgesehenen Massnahmen genau beschreiben und begründen. Weiter ist aufzuzeigen, dass keine Alternativmethoden zum beantragten Tierversuch bekannt sind und die Tiere so wenig wie möglich belastet werden. Ferner ist in einer Güterabwägung darzulegen, dass die den Tieren zugefügten Schmerzen, Leiden, Schäden, Angst oder Belastungen anderer Art durch überwiegende Interessen zugunsten der Gesellschaft oder der Umwelt zu rechtfertigen sind.
Eine kantonale Tierversuchskommission prüft die jeweiligen Gesuche. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV ist mit der Aufsicht betraut und kann Beschwerde gegen die kantonalen Bewilligungen einlegen (Art. 25 und 40 TSchG). Die Kantone sind verpflichtet, alle Tierversuchsbewilligungen dem BLV zu melden.
Schweregrade
Die Tierschutzgesetzgebung unterscheidet zwischen vier Belastungskategorien –
so genannten Schweregraden (0 bis 3): Versuche im Schweregrad 0 gelten als
nicht belastend, beispielsweise Beobachtungsstudien. Bei Schweregrad 1 werden
den Tieren kurzfristig leichte Schmerzen zugefügt. Bei Schweregrad 2 handelt es
sich um Versuche mittlerer Belastung. Versuche im Schweregrad 3 belasten die
Tiere schwer.
Kontakt / Rückfragen: Kontakt, Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV), Medienstelle, 058 463 78 98